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Neumark im Vogtland

36 Jahre “Neue Schule”

Die lange Geschichte des Ortes Neumark ist zum überwiegenden Teil auch Geschichte des Neumarker Schulwesens. Schauen wir anläßlich des jetzigen Jubiläums etwas zurück:

Vor 30 Jahren wurde das Gebäude der jetzigen Mittelschule eingeweiht, gemeinhin als “Neue Schule”bekannt. Dieser große Neubau hat eine lange Vorgeschichte. Grundlegende bildungspolitische Veränderungen wie die Umsetzung des Beschlusses der Volkskammer von 1959 zur Einführung der 10 - klassigen polytechnischen Oberschule und die Zentralisation des Schulwesens mit der stufenweisen Auflösung der kleineren Schulen in den meisten Nachbardörfern sowie Wohnungsbau im Ort selbst durch die AWG und der Zuzug der Familien der Arbeitskräfte des Kraftfuttermischwerkes in die neuen Häuser an der E.-Thälmann-Straße führten zu stetem Anstieg der Schülerzahlen.
Der Platz im Schulgebäude an der Oberneumarker Straße reichte einfach nicht mehr aus.
Schrittweise schufen die Neumarker in freiwilligen Arbeitseinsätzen (Nationales Aufbauwerk NAW) Provisorien, in denen Kinder der Unterstufenklassen Unterricht erhielten.
Viele Großeltern, Eltern und damalige Schülerinnen und Schüler erinnern sich sicher noch an 6 Klassenräume, verteilt auf den Kindergarten  in der Talstraße (heute Kinderkombination), die Turnhalle (später Kulturhaus der Vogtlandstoffe und jetzt Sport - und Vereinshaus) und das Gewerbegebäude Reichenbacher Straße 32 (heute Raumausstatter Wolf).
Doch für Direktor Erhard Heydel und sein Kollegium konnte dies alles nur eine Notlösung sein. Der Werkunterricht fand in einer Baracke an der Zechenstrasse statt, hinzu kam das Kabinett für  Polytechnik im Textilwerk. Insgesamt waren also 5 “Aussenstellen” mit der eigentlichen Schule organisatorisch unter einen Hut zu bringen, da kann man nur sagen “Hut ab!”.
Die Lösung: Im Juni 1969 begann der Bau unserer “Neuen Schule” auf dem ehemaligen Pfarrfeld an der Dr.-Külz-Straße. Neben dem VEB Bau West Reichenbach hatten die Neumarker Bürger mit 2100 NAW-Stunden auch wieder kräftig mit zugepackt.
Am 21. November 1970 erfolgte die feierliche Einweihung mit Namensgebung. Von nun an herrschten optimale Arbeitsbedingungen für Schüler- und Lehrerschaft. Die Klassen 1 bis 4 waren im alten Gebäude an der Oberneumarker Straße untergebracht; die Klassen 5 bis 10 nahmen im Neubau 15 Fachkabinette in Besitz. Hinzu kamen die Räume für die Schulleitung, das Sekretariat, viele Vorbereitungszimmer  und eine Hausmeisterwohnung.
Wichtigste Neuerung war die Einführung des Fachunterrichtsraum - Prinzips. Für alle Fächer gab es jetzt speziell eingerichtete Unterrichtsräume. Diese optimalen  Voraussetzungen besonders für Biologie, Physik und Chemie trugen schließlich der Schwerpunktgebung des Unterrichts auf den mathematisch - naturwissenschaftlichen Bereich Rechnung.
Ein Jahr später, 1971, entstand - wieder mit tatkräftiger Unterstützung freiwilliger Helfer und materieller Hilfe ortsansässiger Betriebe - ein 30 Meter langes Buswartehaus inklusivegroßzügigem, überdachtemFahrradstellplatz. Es bot den vielen Buskindern zuverlässig Schutz vor Wind und Wetter, besonders, wenn die Busse wegen diverser technischer Ausfälle wieder einmal länger auf sich warten ließen.
Die nachfolgenden Jahre  verliefen ruhig, eine normale polytechnische Oberschule mit angenehmen äußeren Bedingungen leistete solide und anerkannte Arbeit.
Eine beträchtliche Zahl von Fachberatern des Kreises Reichenbach nannte die Polytechnische Oberschule (POS) Neumark ihre Stammschule.
1988 begann der Bau der Turnhalle auf dem Schulhof, welche am 15.8.1989 mit einem kleinen Festakt der Nutzung übergeben wurde.
Die Wende eröffnete die Möglichkeit zu grundlegenden inhaltlichen Veränderungen. Es war die kurze und aufregende Zeit der “reinen Basisdemokratie”. Eine Initiativgruppe unter Leitung von Siegfried Rassl  wandte sich mit Vorschlägen zur Umgestaltung und Profilierung an die Bevölkerung des Einzugsgebietes.

Die Inhalte eines Positionspapiers waren der “Bauplan” für eine reformierte Schule mit folgenden Neuerungen ab dem 1. September 1990:

  • Ideologiefreiheit des Unterrichts und des außerunterrichtlichen Bereiches
  • Demokratisierung des Schulalltags
  • Englisch als erste Fremdsprache mit Unterricht ab Klasse 3
  • Bildung von Leistungsklassen 10 zur Vorbereitung auf den Übergang zur Abiturstufe
  • fakultativer Informatikunterricht, anfangs für die Klassen 7/8, später auch 9/10
  • Förderunterricht Mathematik für die Klassen 7/8 und 9/10 und vieles anderes mehr.

Diese Vorschläge waren recht gut, haben sie doch noch heute  ihre Gültigkeit - mittlerweile auf der Basis des Schulgesetzes des Landes Sachsen vom Juli 1991 und der Nachfolgeverordnungen wie z.B. der Stundentafel oder der Schulordnung für Mittelschulen.
In der Folge der Schulreform zum dreigliedrigen Schulsystem (Grundschule, Mittelschule und Gymnasium) wurde die “Alte Schule” an der Oberneumarker Straßezur selbstständigen Grundschule mit eigener  Schulleitung und die “Neue Schule” zur Mittelschule Neumark mit Orientierungsstufe (Klassen 5 und 6), Hauptschulbildungsgang bis Klasse 9 bzw. Realschulbildungsgang bis Klasse 10.
Die Umsetzung des  Mittelschulkonzepts mit neuen Unterrichtsfächern, neuen Lehrplänen und zum Teil auch ganz anderen organisatorischen Abläufen erforderte von allen Beteiligten viel Initiative und Kraft. Heute kann man mit  einigem Stolz sagen, daß diese Aufgabe erfolgreich bewältigt wurde.
Im Rahmen der Schulnetzplanung erfolgte die Schließung von kleineren Schulen in den umliegenden Dörfern. Der freien Schulwahl gemäß  entschieden sich viele Familien in den Orten Hauptmannsgrün, Ober - und Unterheinsdorf, Schönfels und sogar einige Familien in Beiersdorf und Reichenbach, ihre Kinder in die Mittelschule Neumark zu  schicken - mit der Folge eines immer ausgedehnteren Schulbusverkehrs.
Neue Unterrichtsfächer, steigende Schülerzahlen und die uns so lange verwehrten neuen technischen Möglichkeiten brachten weitere positive Veränderungen. Die Heizungsanlage, über viele Jahre Gegenstand hoffnungsloser Reparaturversuche, erhielt im umgebauten Heizraum zwei moderne Kessel mit Ölbrennern. Im zweiten Schritt bekamen  beide Schulgebäude den kompletten “Rest” der Heizungsanlage erneuert - mit computergesteuerter Temperaturregelung für jeden einzelnen Unterrichtsraum. Die Kosten betrugen ca. 750 000 DM.
1993 musste  die Hausmeisterwohnung weichen. Ziel des Umbaus waren ein weiterer Fachraum und die kleine Hauswirtschaftsküche für den praktischen Teil des Hauswirtschaftlichen Profils. Daneben standen noch das Technische und Sprachliche Profil zu Wahl, letzteres wurde 1993 durch das Wirtschaftliche Profil abgelöst .
1998 konnte der Informatik - Unterricht im neuen Computerkabinett mit Internet - Anschluß  beginnen. Und noch immer ist dieses Fach bei vielen Schülern der oberen Klassen eben auch aufgrund der modernen Technik recht beliebt.
An unsere ersten Computer von 1991 kann sich jeder nur mit Schmunzeln erinnern - sie waren damals schon museumsreif. Heute kann man sie mit viel Geschick im Schulmuseum sogar noch einmal zum Laufen bringen.
Zwischenzeitlich beherbergte das neue Gebäude auch das von Christa Rassl aufgebaute Schulmuseum Anlaß war 1987 das Exponat “Historisches Klassenzimmer” ihrer AG “Junge Historiker” bei der MMM (Messe der Meister von morgen), welches in einem provisorisch abgeteilten Raum auf dem Dachboden Platz finden mußte. Die Menge der Exponate wuchs zusehens - bald begann wieder die Suche nach geeigneten Räumen. Man fand sie auf dem Boden der Grundschule  - und dort befindet sich das Neumarker Schulmuseum noch heute, und es ist mit Sicherheit einen Besuch wert.
Im Jubiläumsjahr wird es wieder eine bauliche Erweiterung geben. Der Anbau schafft Raum für  eine moderne, normgerechte Hauswirtschaftsküche und ein großzügiges Klassenzimmer. Damit setzt die Gemeinde Neumark das Engagegment für ihre Schulen mit Blick auf zukünftige Entwicklungen und zum Wohl der jetzt hier lernenden Kinder und Jugendlichen fort.
1970 - 2000, also 30 Jahre “Neue Schule” - die Mittelschule Neumark feierte dieses Jubiläum mit einem Kinderfest im Herbst.

G. Franke 
Mittelschulrektor